Moment mal! Saison 2020/21? Steht nicht erst mal die Saison 2019/20 an? Richtig, so ist es. Doch bei den Rhein-Neckar Löwen stehen (spätestens) nach dieser Saison einige wegweisende Entscheidungen an. Der Blick nach vorn ist also nicht ganz so unnötig, wie es vielleicht scheint. Dabei werde ich die einzelnen Position der Reihe nach unter die Lupe nehmen.
Alle Altersangaben beziehen sich übrigens auf den Zeitpunkt der Veröffentlichung des Artikels. Fangen wir ganz hinten an, bei den Flamingos.
Der Blick nach vorn auf die Torhüter
Um das Torhütergespann Mikael Appelgren (29) und Andreas Palicka (33) – und um deren Trikots in Flamingo-Pink – beneidet die Löwen nicht nur in der HBL so manches Team. Zwei Schweden, aber auch zwei durchaus unterschiedliche Typen, die beide mit ihrem jeweils eigenen Stil den Gegner immer wieder vor Probleme stellen können. Nachdem Appelgren seinen Vertrag bis 2023 verlängert hat und Palicka noch bis 2022 unter Vertrag steht besteht in der kommenden Saison auf dieser Position kein Handlungsbedarf. Perspektivisch gesehen wäre aber ein vielversprechender Nachwuchsmann ( vielleicht Till Klimpke?) eine Überlegung wert. Aktuell aber, wie gesagt: Alles in bester Ordnung!
Der Blick nach vorn auf die Linksaußen
Wie bei den Torhütern besteht im Lauf der Saison 2019/20 und darüber hinaus auch auf Linksaußen kein Handlungsbedarf. Rückkehrer Uwe Gensheimer (33) ist zwar kein Nachwuchstalent mehr, aber den potenziellen Nachfolger haben die Löwen mit Jerry Tollbring (23) schon eine Weile im Kader. Gensheimer hat einen Dreijahresvertrag bis 2022 unterschrieben, während Tollbring seinen Vertrag zuletzt gleich bis 2023 verlängert hat. Eine Übergabe des Staffelstabs wäre also vorgezeichnet – falls Uns Uwe nicht doch noch länger spielen sollte. Fazit: Ruhe auf Linksaußen.
Der Blick nach vorn auf die Rechtsaußen
Auf Rechtsaußen bietet sich ein ganz anderes Bild als bei den Linksaußen. Der Blick nach vorn zeigt, dass der Vertragshorizont beider Spieler recht kurz ist. Sowohl Patrick Groetzki (30) als auch Tim Ganz (22) haben lediglich einen Vertrag bis zum Ende der laufenden Saison! Groetzki ist dann 13 Jahren bei den Löwen. Nach 13 Jahren ging Gensheimer von den Löwen weg. Ob Kumpel Johnny seinem Beispiel folgt? Wenn überhaupt, dann wäre das wohl der letzte wirklich sinnvolle Zeitpunkt für einen Wechsel ins Ausland. Noch hört und liest man nichts, noch gibt es keine Wasserstandsmeldungen. Vielleicht überraschen uns die Löwen und verkünden beim ersten Heimspiel der Saison 2019/20 die Vertragsverlängerung mit Groetzki?
Wie auch immer die Personalie Groetzki ausgeht: Einen neuen Spieler auf Rechtsaußen wird es 2020 wohl geben. Klar ist Tim Ganz ein interessanter Spieler, und als Backup für die Ansprüche der Löwen absolut in Ordnung. Aber als Nummer 1? Da müsste er einen gewaltigen Sprung machen! Ich würde mich darüber freuen, keine Frage, aber ich glaube nicht so richtig daran. Neuer Vertrag für Ganz, weiter als Nummer 2? Denkbar, doch da gibt es noch eine andere Alternative. Auftritt Alexander Petersson.
Wie bitte? Petersson? Ja, richtig gelesen. Lexi kann bekanntermaßen auch Rechtsaußen spielen; das hat er im Trikot der Löwen und als isländischer Nationalspieler schon mehrfach gezeigt. Vielleicht wird er für ein Jahr Backup von Groetzki, oder er bildet für ein Jahr das Gespann mit Tim Ganz, oder mit einem Neuen, der 2020 kommt? Da ist so vieles noch im Fluss, dass es sehr schwierig wird, eine endgültige Prognose abzugeben. Ja, ich weiß: Einen Artikel über mögliche Zukunftsszenarien veröffentlichen, ohne selber eine Prognose abzugeben, ist eigentlich ein bisschen feige. Eigentlich. Denn der Blick nach vorn zeigt nur dichten Nebel.
Der Blick nach vorn auf die Rückraummitte
Andy Schmid (35) hat noch Vertrag bis ins Jahr 2022, aber das Arbeitspapier von Mads Mensah Larsen (28; hat heute am Veröffentlichungsdatum dieses Artikels Geburtstag) endet nach dieser Saison. Ich habe es bereits an verschiedenen Stellen geschrieben: Schmid braucht Entlastung, um seine Kräfte und seine Genialität zu maximieren. Und Mensah muss sich ohne väterlichen Freund und Mentor Jacobsen beweisen. Schafft es Kristjan Andresson, ihm Konstanz beizubringen, dann wäre eine Vertragsverlängerung nicht überraschend. Schafft er es nicht, dann stehen die Zeichen wohl eher auf Abschied.
Auch wenn Romain Lagarde durchaus auf Mitte spielen kann und wenn der Blick nach vorn ihn dort auch häufiger sieht muss wohl ein weiterer Mittelmann an Bord geholt werden. Im Jahr 2020, falls Mensah geht, spätestens aber im Jahr 2022, wenn das Trikot mit der Nummer 2 unter die Decke der SAP Arena gezogen wird.
Der Blick nach vorn in den rechten Rückraum
Auf den ersten Blick scheint alles klar zu sein. Alexander Petersson (39) bleibt noch bis 2021, könnte aber, wie weiter oben geschrieben, in der Saison 20/21 auf Rechtsaußen wechseln. Niclas Kirkeløkke (25) kam gerade nach Mannheim und wird in der Saison 20/21 zusammen mit Albin Lagergren (26, derzeit noch SC Magdeburg) das Gespann im rechten Rückraum bilden. Ein tolles Gespann übrigens, auf das ich mich jetzt schon freue.
Es gibt dabei nur einen Haken. Der Vertrag von Kirkeløkke läuft nur über zwei Jahre, also bis 2021. Ist er dann schon wieder weg? Oder kommt eine Vertragsverlängerung? Eine offene Frage, die sicher auch Einfluss auf die Saison 20/21 haben kann. Dennoch: Stand jetzt zeigt der Blick nach vorn eine Top-Besetzung für den rechten Rückraum in der Saison 20/21!
Der Blick nach vorn auf die Königsposition
Steffen Fäth (29) und Filip Taleski (23) haben noch Vertrag bis Ende der Saison 20/21. Romain Lagarde, vorzeitig von HBC Nantes losgeeist, steht gar bis 2023 unter Vertrag. In der Saison 20/21 dürfte es also spannend werden, wer neben Lagarde über die Saison hinaus auf der Königsposition im linken Rückraum auflaufen wird. Oder geht Taleski schon früher, vielleicht sogar schon in der noch gar nicht so richtig begonnenen Saison 19/20? Es gab bereits Gerüchte. Es wäre schade, weil ich Taleski für ein Riesentalent halte! Doch er muss nun endlich richtig durchstarten und seine Chancen im Löwentrikot nutzen.
Je mehr Lagarde auf der Mitte gebraucht werden sollte, desto mehr stellt sich die Frage, ob dann nicht Fäth und Taleski bleiben könnten. Oder halt, ob einer der beiden geht und ein anderer Spieler dafür kommt. Obwohl die Vertragssituation bei den drei Rückraumlinken eigentlich kein Problem darstellt wäre ich schon ein wenig überrascht, wenn die Löwen die Saison 20/21 mit denselben drei Spielern auf dieser Position beginnen sollten.
Der Blick nach vorn (und hinten) an den Kreis
Nun fehlen noch vier Spieler in der Auflistung. Namentlich sind dies Ilija Abutovic (31), Jesper Nielsen (29), Jannik Kohlbacher (24) und Gedeón Guardiola (34). Abutovic hat seinen Vertrag vorzeitig verlängert, der somit bis 2023 läuft. So richtig konnte (und kann) ich die vorzeitige Vertragsverlängerung nicht nachvollziehen. Dafür hat mich Abutovic zu selten überzeugt. Aber so ist es nun mal, und er ist noch mehrere Jahre ein Löwe.
Nielsens Arbeitspapier läuft dagegen nur noch bis 2021. Somit ist er für die Saison 20/21 sicher, aber im Deckungszentrum ist für die Löwen einiges im Fluss. Das hat nichts mit Kohlbacher zu tun, der wie Nielsen bis 2021 an die Löwen gebunden ist. Insbesondere bei ihm hoffe ich sehr auf eine frühzeitige Vertragsverlängerung, denn mit dann 26 Jahren liegen noch viele gute Jahre vor ihm, und Kohlbacher dürfte bei etlichen Topteams heiß begehrt sein.
Spezialfall Guardiola
Der Blick nach vorn ist in diesem Fall eher der Blick nach hinten, in die Abwehr, auf den Mittelblock. Guardiola ist kein schlechter Offensivkreisläufer, aber er ist schwächer als Nielsen einzuschätzen. Von Kohlbacher reden wir erst gar nicht. Guardiola hat seine Stärken unbestreitbar in der Abwehr, und diese Stärken spielt er immer noch sehr ordentlich aus. Mit (noch) 34 Jahren ist er jedoch kein Perspektivspieler mehr. Nach der Vertragsverlängerung mit Abutovic würde ein weiterer Zweijahresvertrag für Guardiola dazu führen, dass der Mittelblock zu Beginn der Saison 2021/22 stolze 69 Jahre alt wäre!
Ja, es ist richtig, dass in erster Linie die Leistung zählt! Dennoch: Irgendwann musst du als Team auch im Mittelblock den Umbruch einläuten. Dass in der aktuell laufenden Vorbereitung Romain Lagarde regelmäßig im Mittelblock spielt könnte ein Fingerzeig dafür sein, dass die Löwen zur Saison 20/21 gar keinen weiteren Abwehrspezialisten holen werden. Und eben auch dafür, dass mit Guardiola nicht mehr verlängert wird.
Wie auch immer die Entscheidung ausfallen wird: Es wird eine schwierige Entscheidung werden. Da bin ich froh, dass ich diese Entscheidung nicht treffen muss.
Der Blick nach vorn: Vier Abschiede oder gar keiner?
Vier Verträge laufen also aus: Patrick Groetzki, Mads Mensah, Gedeon Guardiola und Tim Ganz. Ganz ehrlich? Mich würde es weder überraschen, wenn alle vier gehen sollten, noch wenn gar keiner geht. Aktuell wäre mein Plan (nicht mein Tipp!) für die Löwen: Drei Abgänge (Mensah, Guardiola, Ganz) nach der laufenden Saison, sowie drei Neuzugänge zur Saison 2020/21: Albin Lagergren (Rückraum rechts, steht bereits fest), ein Spieler für Rückraum Mitte (mit einem Drei- bis Vier-Jahres-Vertrag), ein weiterer Rückraumspieler (der in der Abwehr auf Halb und in der Mitte spielen kann und ebenfalls einen längerfristigen Vertrag erhält). Eine Vertragsverlängerung für Groetzki führt dazu, dass es keinen für Rechtsaußen geben wird, denn das macht ja Petersson (s.o.). Ein neuer Rechtsaußen für die Zukunft (der als Nachfolger von Groetzki aufgebaut wird) kommt dann erst 2021.
Wer den Namen Philipp Ahouansou (18) vermisst: Nein, den habe ich nicht vergessen. Die Löwen wollen ihn im Rahmen seines Fünfjahresvertrags (bis 2024) behutsam aufbauen. Kann er nächste Saison schon ein vollwertiges Mitglied des Profikaders sein? Das wäre großartig! Falls ja, dann würde ein Spieler für Rückraum Mitte reichen. Vielleicht brauchen die Löwen hier auch mal Mut zum (kalkulierten) Risiko.
Wird es am Ende vielleicht noch einen weiteren Abschied geben? Taleski wäre, wie weiter oben schon erwähnt, durchaus ein Kandidat dafür. Oder er wird zu dem Rückraumspieler, der in der Abwehr auch in der Mitte spielen kann und den die Löwen meiner Meinung nach sehr gut brauchen könnten. Ob das so kommt oder ganz anders? Keine Ahnung! Ich lasse mich überraschen und vertraue darauf, dass Geschäftsführerin Jennifer Kettemann und der sportliche Leiter Oliver Roggisch, unterstützt durch Trainer Kristjan Andresson, die bisher sehr gute Arbeit fortsetzen werden.
Ich jedenfalls werde genau hinschauen. Ihr auch?