Es klappt einfach nicht! So gerne ich das machen würde, es klappt einfach nicht, nach jedem Spiel der Rhein-Neckar Löwen einen Blogbeitrag zu erstellen. So ist es, man möge es mir nachsehen, aber dafür gibt es jetzt eben einen Dreierpack.
Dreierpack, Teil 1
Nach dem überzeugenden Saisonauftakt gegen die MT Melsungen ging es für die Löwen zum Aufsteiger ASV Hamm-Westfalen. So früh in der Saison in einer kleinen, engen, voll besetzten Halle anzutreten, bei einem Aufsteiger, der noch die Aufstiegseuphorie spürt, kann ein Stolperstein werden für ein Team, das sich erst noch richtig finden muss. Doch Teil 1 im Dreierpack stellte für die Löwen keinen Stolperstein dar. Ganz im Gegenteil: Die Löwen stürmten die Halle, überrollten den Aufsteiger aus einer sattelfesten Abwehr heraus mit ihrem immens hohen Tempo. 8:2 vorne nach neun Minuten, 15:4 nach 17 Minuten – das war schon richtig stark!
Nicht nachlassen!
Das ist die Maxime der Löwen unter Trainer Sebastian Hinze. Und die Löwen ließen nicht nach, drückten weiter auf das Tempo. Zwar stellten sich ein paar Fehler mehr ein, aber das 21:11 zur Halbzeit gab die Kräfteverhältnisse sehr gut wieder. Und beim 29:16 (45.) war das Spiel durch. Eigentlich.
Die Löwen wechselten nun munter durch, hatten zeitweilig Helander, Timmermeister, Knorr, Scholtes, Michalski und Horzen auf der Platte. Jugend forscht, sozusagen, und das merkte man dann doch deutlich. Einige Fehler mehr als zuvor passierten, Juri Knorr überzog etwas, die Abwehr wirkte nicht mehr so sortiert wie vorher, und der ASV witterte Morgenluft. Nach dem 31:21 durch Scholtes (51.) erzielten die Hausherren sechs Tore hintereinander (27:31, 55.). Hinzes steuerte gegen, brachte in dieser Phase u.a. Schefvert und Jaganjac wieder zurück, und das Spiel der Löwen stabilisierte sich. Am Ende stand ein 35:30 für die Löwen auf der Anzeigetafel, und wirklich gefährdet war der Erfolg der Löwen beim Dreierpack, Teil 1, nicht.
Wechselorgie als Fehler?
Dass Hinze so viel wechselte könnte als Fehler gesehen werden. Schließlich schmolz der Vorsprung der Löwen nach einer ersten, recht “normalen” Phase doch bedenklich. Hinze wechselte daraufhin wieder, und noch dazu rechtzeitig, um Schlimmeres zu verhindern. War es denn jetzt ein Fehler? Ich finde nicht, und das meinte auch Co-Trainer Michael Jacobsen in Folge 60 des Löwenfunks. Denn die jungen Spieler werden irgendwann im Lauf der Saison sicher noch gebraucht werden. Zudem haben sie sich, so Jacobsen weiter, ihre Einsatzzeiten durch gute Leistungen im Training und in der Vorbereitung verdient.
Dreierpack, Teil 2
Zwei Punkte mitgebracht aus Westfalen, und damit kommen wir zum Dreierpack, Teil 2, also zum Heimspiel gegen den SC DHfK Leipzig. Ein, so war im Vorfeld des Spiels zu lesen und zu hören, unangenehmer Gegner. Und genauso war es auch zu Beginn der Partie. Die Löwen gerieten schnell in Rückstand und liefen diesem zunächst eher erfolglos hinterher, zumal Kristian Severas im Tor der Leipziger eine hervorragende Leistung zeigte. Gut für die Löwen, dass Mikael Appelgren ihm in nichts nachstand. Doch es haperte im Spiel der Löwen. Die Gründe dafür waren vielfältig.
In meinem Dreierpack zu den Löwen ist hier der Punkt, an dem erstmals über echte Probleme bei den Löwen zu sprechen ist. Es fehlte die Intensität, die letzte Konsequenz aus den guten Phasen der ersten beiden Spiele. Darüber hinaus hatte aber auch der Gegner einen gewichtigen Anteil, denn die Leipziger spielten sehr diszipliniert. Hervorragend die Rückzugsbewegung, die das Tempospiel der Löwen weitgehend ausbremste. Auch im Positionsangriff bekamen die Löwen Probleme, weil die Leipziger Deckung beweglicher war als die der Melsunger. Jaganjac konnte nicht so leicht Tore werfen, und auch die Anspiele an den Kreis waren nicht einfach.
Die Wende
Da die Leipziger sich den einen oder anderen Fehler erlaubten und Appelgren bärenstark spielte, lagen die Löwen nie mehr als zwei Tore hinten. Mehrere Chancen der Leipziger, auf +3 zu stellen, blieben ungenutzt. Die Rhein-Neckar Löwen schreiben im Spielbericht auf ihrer Website:
Ironischerweise ist es die zweite Zwei-Minuten-Strafe gegen Jannik Kohlbacher, die die Löwen ins Rollen bringt. Der für Kohli kommende Kristjan Horžen spielt nämlich die beste Viertelstunde im Löwen-Trikot.
Mit dem zweiten Satz gehe ich mit, aber für mich war viel entscheidender, dass sich Leipzig eine doppelte Unterzahl erlaubte. Erst holt sich Simon Ernst eine Zeitstrafe ab, aber Gebala trifft zum 6:8, nur um sich drei (!) Sekunden später beim Zurücklaufen ebenfalls eine Zeitstrafe einzuhandeln. Damit hatten die Löwen 1:24 Minuten Zeit, in doppelter Überzahl etwas für den Spielstand zu tun. Und das taten sie auch. Patrick Groetzki und Kristjan Horzen gleich zum 8:8 aus, Schefvert trifft (in einfacher Überzahl) zum 9:8. Spiel gedreht! Für mich war das die erste entscheidende Phase im Spiel. Über die zweite spielentscheidende Phase später mehr..
Nicht ausgleichen lassen!
Der Dreierpack, Teil 2, umfasst nun eine Phase, in der die Löwen sich noch nicht absetzen können. Leipzig kommt auf ein Tor ran, die Löwen stellen auf +2, Leipzig verkürzt. So ging das bis zum 11:10 nach 24:50 Minuten. Dass den Leipzigern bis zur Halbzeit kein Tor mehr gelang, lag an Appelgren sowie insbesondere an einer immer besser zupackenden Abwehr. Die Löwen agierten nun sehr kompakt, aber auch beweglich und dosiert aggressiv. Das sah richtig gut aus! Da zudem noch Knorr, Groetzki und zweimal Horzen bis zur Halbzeitsirene trafen, gingen die Löwen mit einem 15:10 in die Pause.
Ein Spiel der Kategorie “Hä?”
Wirklich: Ich rieb mir zur Halbzeit schon ein bisschen die Augen. Ein bis zur 20., 25. Minute nahezu ausgeglichenes Spiel, und ohne Spektakel steht es dann halt doch 15:10 für die Löwen. Da fragst du dich schon: “Hä? Wie konnte das denn passieren?”. Aber gut: Mir soll es so herum recht sein, und damit kommen wir zu der meiner Meinung nach zweiten, spielentscheidenden Phase. Nach dem 17:13 (35.) der Gäste klappt bei den Löwen nicht besonders viel. Leipzig hatte mehrfach die Chance, auf drei Tore zu verkürzen. Sagenhafte drei Paraden hintereinander von Appelgren verhinderte dies, und das 18:13 von Horzen stellte dann die Weichen endgültig auf Löwensieg.
Schlussphase zum Zungeschnalzen
Die Löwen vergrößerten ihren Vorsprung kontinuierlich. Das 29:19 durch den starken Jannik Kohlbacher nach knapp 55 Minuten ließ für die Gäste das Schlimmste befürchten. Doch erneut wechselten die Löwen richtigerweise durch, wenn auch nicht so umfangreich wie in Hamm. Dies erlaubte es den Gästen, nochmal etwas heran zu kommen, und am Ende war das 30:24 der Löwen ungefährdet.
Dreierpack, Teil 3
Weiter geht es mit dem Dreierpack, und damit wären wir beim Auswärtsspiel in Stuttgart. Zwar ist die Bilanz der Löwen gegen den TVB Stuttgart sehr positiv, doch gerade in den letzten Jahren war das nicht immer ein einfaches Unterfangen, den TVB in die Schranken zu verweisen. Und auch an diesem Samstag war das zunächst kein Selbstläufer. Bis zum 6:7 (11.) lagen die Löwen sogar mal zurück, konnten sich aber nicht absetzen. Ein 3:0-Lauf sorgte dann aber erstmal für Beruhigung. Bis auf sechs Tore zogen die Löwen zwischenzeitlich davon, und zur Halbzeit stand es 16:21 aus Sicht der Stuttgarter.
Wieder +5 zur Halbzeit
Wie gegen die Leipziger lagen die Löwen damit nach 30 Minuten fünf Tore vor. Eine gute Basis für die zweite Halbzeit. Bis zum 22:27 (41.) war das Spiel noch nicht entschieden, auch wenn die Löwen sehr stabil wirkten. Spätestens nach dem darauf folgenden 4:0-Lauf gab es aber nicht mal mehr klitzekleine Restzweifel am Erfolg der Löwen. Als dann zunächst Ymir Örn Gislason zum 28:39 (55.) traf und der für den überzeugenden Benjamin Helander eingewechselte David Móré sogar einen Dreierpack nachlegte, wurde es für die Stuttgarter ein erneut frustrierender Abend, nachdem zuvor schon die Spiele in Kiel und Berlin mit einem zweistelligen Defizit endeten. Juri Knorr schloss zwei Sekunden vor dem Ende einen Tempogegenstoß zum hoch verdienten 30:43 Endstand ab.
Die Lehren aus dem Dreierpack Hamm-Leipzig-Stuttgart
Welche Lehren lassen sich nun ziehen aus diesem dreierpack an Spielen? Nehmen wir das Spiel gegen Melsungen noch hinzu, lässt sich festhalten, dass die Löwen eine klare Spielidee haben. Eine kompakte, bewegliche und dosiert aggressive 6-0-Abwehr bildet das Grundgerüst für das Tempospiel der Löwen. Die Löwen gehen, wann immer möglich, mit hohem Tempo nach vorne. Die Reduzierung der Abwehr-Angriff-Wechsel zeigt bereits erste Erfolge.
Die Integration der beiden Neuzugänge Halil Jaganjac und Ole Forsell Schefvert ist bereits sehr gut gelungen und verspricht einiges für die Zukunft. Die Löwen haben im Positionsangriff einige neue Ideen, die schon ganz gut funktionieren, sicherlich aber noch einiges an Feinschliff benötigen. Ebenfalls auf einem guten Weg ist die Integration der “jungen Wilden”. Dort liegt natürlich noch einiges an Arbeit vor dem Trainerteam, aber die ersten Ansätze sind vielversprechend.
Hip hip hurra, alles ist super, alles ist wunderbar?
Nein, so weit sind die Löwen noch nicht. Wie auch? Noch kann nicht alles greifen, was sich Sebastian Hinze zusammen mit seinem Trainerteam vorstellt. Dazu braucht es Zeit und vermutlich noch etliche Spielpraxis. Beispielsweise ist die Zahl der technischen Fehler für meinen Geschmack noch deutlich zu hoch. Steht die Abwehr des Gegners kompakt, stimmt dessen Rückzugsbewegung, dann wird es schon sichtbar schwieriger für die Löwen, zum Torerfolg zu kommen. Auch eine offensive Deckung des Gegners stellt die Löwen gerne mal vor ernsthafte Probleme. Ab und zu überzieht das Team; da fehlt es noch an der richtigen Dosierung, doch auch das wird noch kommen, da bin ich mir sicher.
Was ebenfalls noch fehlt ist ein anderes Deckungssystem. Hier gilt jedoch dasselbe wie bei den anderen angesprochenen Punkten: Es braucht Zeit! Sich zunächst auf die 6-0-Abwehr zu konzentrieren und diese zur Basis des Erfolgs zu machen, ist nachvollziehbar und absolut richtig. Die SG Flensburg-Handewitt, übrigens der nächste Gegner der Löwen, spielt meines Wissens auch zu sicher 95% in der 6-0, selbst wenn es Probleme damit gibt. Ist ja auch absolut in Ordnung, v.a. wenn die 6-0 unterschiedlich interpretiert werden kann (offensiv, defensiv, aktiver gegen die Halbpositionen etc.).
Außenseiter, Außenseiter, hej, hej!
Ja, für mich sind die Löwen im Heimspiel gegen die SG Flensburg-Handewitt tatsächlich Außenseiter. Die SG ist ordentlich drauf, wie u.a. das 31:31 gegen die Füchse Berlin zeigte . Außerdem spielen die Nordlichter so, wie die Löwen auch spielen wollen: Eine stabile Abwehr mit einem guten Torhüter als Grundlage, viel Tempo nach vorne, bei Bedarf geduldige Positionsangriffe, und schnelle Rückzugsbewegung der gesamten Mannschaft.
Was, wenn die Löwen verlieren? Ich halte das mit Sebastian Hinze, der im Interview auf Sky vor dem Spiel beim TVB sinngemäß meinte, dass es sich nicht zwingend auf der Anzeigetafel zeigen muss, wie die Mannschaft spielt, sondern dass das Gefühl da sein muss, in allen Phasen des Spiels mit hoher Intensität zu arbeiten. Das trifft es, finde ich, sehr gut. Und wenn dann der Gegner besser ist, dann ist das so. Noch sind die Löwen nicht in der Position, um die Champions League oder gar um die Meisterschaft zu spielen.
Aber was nicht ist, kann ja (in ein, zwei Jahren) noch werden.