Nein, zu einem Sieg gegen den THW Kiel hat es im Viertelfinale des DHB-Pokals nicht gereicht. Aber dennoch: Dieses Spiel war ein Mutmacher für alle Fans der Rhein-Neckar Löwen. Am Ende war der THW abgezockter, souveräner, besser, aber die Löwen unter dem neuen Trainer Ljubomir Vranjes haben gezeigt, dass sie es doch noch können.
Dasselbe Elend wie immer
So könnte ich hier auch anfangen. Leichtfertig vergebene Chancen, übereilte Würfe, einen Tick zu wenig aggressiv in der Abwehr, zu wenige Torhüterparaden. Ich könnte darüber schreiben, dass Lagergren im Trikot der Löwen mal wieder zwei Klassen schlechter gespielt hat als im Trikot der schwedischen Nationalmannschaft. Oder dass die beiden Schiedsrichterinnen Tanja Kuttler und Maike Merz zwar über weite Strecken gut gepfiffen haben, am Ende aber beim sehr passiven Spiel des THW viel zu spät den Arm zum Zeichen des passiven Spiels hoben. All das könnte ich thematisieren. Oder auch, dass der letzte Beitrag hier auf dem Blog schon (viel zu) lang zurück liegt. Doch das soll heute nicht im Mittelpunkt stehen. Es gab einfach zu viel, was als Mutmacher für die kommenden Aufgaben dienen kann, als dass wir Löwen-Fans uns durch die weniger guten Dinge entmutigen lassen sollten.
Neuer Trainer, neue Ideen
Achtzehn Tage, nachdem Ljubomir Vranjes den Posten als Trainer bei den Löwen übernahm, hatte das Team gleich einen ganz dicken Brocken vor sich. Im Viertelfinale des DHB-Pokals gegen den THW zu spielen ist schon nicht einfach. Zumal für ein Löwen-Team, das vor der EM-Pause teilweise katastrophal auseinander gefallen war. Erlangen, Hannover, anyone? Aber lassen wir das. Wenden wir uns den neuen Ideen des neuen Trainers zu.
Überraschung, Überraschung! Im ersten Angriff war weder Andy Schmid auf dem Feld noch Juri Knorr. Dafür aber Lukas Nilsson und Mait Patrail, die sich auf der Mitte und auf Halblinks abwechselten. Das schien die Kieler doch etwas zu verwirren, und so lagen die Löwen nach sechs Minuten mit 4:1 vorne. Überraschung gelungen! Da Nilsson auch in der Abwehr und Ymir Gislason auch im Angriff spielte, gab es keinen Abwehr-Angriff-Wechsel. Das tat dem Spiel der Löwen sichtlich gut, und das war ein echter Mutmacher!
Und noch ein Mutmacher
Noch ein neues Gesicht war bei den Löwen von Anfang am mitten drin. Torhüter Joel Birlehm, erst in der EM-Pause vom SC DHfK Leipzig losgeeist, zeigte direkt, warum ihn die Löwen unbedingt haben wollten. Ein, zwei gute Paraden, dazu eine sehr gute Ausstrahlung, das machte Spaß. Ja, Birlehms Leistung war ein Mutmacher. Auch wenn es am Ende keine wirklich überragende Quote (23,3%) war. Aber wenn die Abstimmung mit der Abwehr besser wird, können wir uns auf einen sehr guten jungen Torhüter freuen.
Beim 5:5 (13.) hatten die Kieler den Ausgleich hergestellt, und beim 6:7 (17.) lagen sie erstmals in diesem Spiel vorne. Das war bisher oft ein erster Knackpunkt im Spiel der Löwen, denn der Gegner konnte sich gleich um zwei, drei Tore absetzen. Nicht so dieses Mal. Mittlerweile war wieder alles beim Alten. D.H., Andy Schmid war im Spiel, lenkte die Geschicke im Angriff. Die 2500 Zuschauer im Heidelberger SNP-Dome sahen nun eine kämpferische Löwenmannschaft, die beherzt und engagiert dagegen hielt. Die sich die Führung beim 9:8 zurück holten. Und das nicht nur durch Kampf. Da waren auch ein paar sehr schöne Spielzüge dabei. Mutmacher für das, was noch vor den Spielern lag.
Mit der Führung als Mutmacher in die Halbzeit
Als die beiden Schiedsrichterinnen die beiden Mannschaften zur Halbzeitpause baten, lagen die Löwen tatsächlich mit 13:12 vorne. Und das durchaus verdient, wie ich meine. Viel Bewegung in der Abwehr, kluges Heraustreten besonders auf Sander Sagosen, vorne mit viel Tempo und einer sehr passablen Passsicherheit, machte das Spiel wirklich Spaß.
Erstmal ging es auch gut weiter nach der Pause. Den Ausgleich durch Sagosen konnten die Löwen gut wegstecken und lagen in der 35. Minute sogar mit 15:13 vorne. Was dann folgte, hatte mit einem Mutmacher aber nicht mehr viel zu tun. Sieben Minuten ohne eigenes Tor, drei Gegentore durch Niklas Ekberg und eines durch Sagosen drehten das Spiel für den THW in die richtige Richtung. Das war ein Spielverlauf, der eigentlich Schlimmes befürchten ließ. Erlangen, Hannover, anyone?
Nicht so schnell!
Dieses Mal war aber vieles anders. Die Löwen hielten dagegen. Zwar gab es aus Löwensicht die eine oder andere eher ärgerliche Szene, doch der THW konnte sich nicht absetzen. Bis zum Ende des Spiels ging es jetzt in einen festen System weiter: Die Löwen verkürzen, die Kieler stellen wieder auf zwei Tore Abstand. Sehr schade, dass in dieser Phase mehrere Chancen auf den Ausgleich nicht genutzt werden konnten. Birlehm mit einem zu riskanten Pass auf Groetzki, den der THW abfangen konnte, Patrail vom Anwurf weg an die Latte des noch leeren Tores, Schmid mit einem unvorbereiteten Wurf auf die breite Brust von Dario Quensted, und dann noch ein verworfener Siebenmeter. Am Ende lautete die Siebenmeterbilanz 2 von 4 bei den Löwen und 2 von 2 bei den Kielern. Zwei Tore Unterschied …
Dass die Löwen sich nicht abschütteln ließen, dass sie sich nicht aufgaben, dass sie sich nicht abschießen ließen – all das sind Mutmacher für die Zukunft. Die 24:26-Niederlage konnte dadurch nicht vermieden werden, aber schließlich hat man es nicht in jedem Spiel mit dem THW zu tun. Und wie wir Fans die Löwen trotz der Niederlage gefeiert haben, war aus meiner Sicht ein starkes Zeichen an die Mannschaft.
Mutmacher Vranjes
Es scheint, als habe Vranjes in der kurzen Zeit bereits einiges in der Mannschaft verändert. Das Team wirkte selbstbewusster, engagierter, bissiger und wacher als zuletzt. Auch im Angriff gab es die eine oder andere neue, überraschende Idee. Dass Knorr, Ahouansou, Abutovic und Zacharias allerdings überhaupt nicht eingesetzt wurden, und Horzen nur kurz ist hoffentlich kein Zeichen für die Zukunft. Zumindest Knorr und Ahouansou sollten in den nächsten Jahren eine wichtige Rolle spielen.
Schwierig natürlich für Vranjes, der im Sommer gehen wird, um Sebastian Hinze Platz zu machen, der dann den Trainerposten übernehmen wird. Vranjes wird, denke ich, in erster Linie dafür sorgen sollen, dass die Saison der Löwen einen versöhnlichen Abschluss findet. Hoffentlich ist auch vereinbart, dass er alle Spieler einbeziehen und besser machen soll. Man darf gespannt sein.
Und nun?
Nun gilt es, die Mutmacher aus diesem Spiel mitzunehmen und darauf aufzubauen. Für ein Team wie die Rhein-Neckar Löwen, das im bisherigen Verlauf der Saison konstant unbeständig war, sicher eine besonders schwierige Aufgabe. Vielleicht ist aber Vranjes genau der richtige Trainer, den Verein erstmal wieder in ruhigeres Fahrwasser zu bringen, sodass die Löwen unter Sebastian Hinze ab der kommenden Saison wieder durchstarten können.
Ein besonderer Mutmacher zum Schluss
Was wirklich als Mutmacher dienen kann, ist die Zuschauerzahl. Im SNP Dome in Heidelberg waren 2.500 Zuschauer zugelassen, und 2.500 Zuschauer kamen auch. Da sich, soweit ich das sehen konnte, bis auf wenige, kurzzeitige Ausnahmen alle daran hielten, eine Maske aufzusetzen – und zumindest in meinem Sichtfeld rund 99% das auch richtig machten! – bleibt zu hoffen, dass es wieder mehr Zuschauer geben darf. Der Mannschaft merkte man das an, dass ihr die Stimmung von den Rängen gut tat. Tun wir alle alles dafür, was wir können, dass das auch weiterhin der Fall sein kann!