Die erste Niederlage tut immer weh

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OK, Niederlagen tun fast immer weh. Aber die erste Niederlage ist halt die erste, und diese musste die Rhein-Neckar Löwen in ihrem zweiten Spiel der HBL-Saison 2019/20 hinnehmen. Es ist eine Niederlage, die irgendwie doppelt weh tut, denn zum einen sind die Punkte weg, zum anderen waren die Löwen keinesfalls chancenlos. Wenn man bedenkt, dass es in Flensburg gegen den amtierenden Meister ging, dann ist die Leistung der Löwen dennoch akzeptabel, vielleicht sogar mehr als das.

Überraschung, Überraschung!

Andy Schmid ist wieder im Kader, steht aber zu Beginn nicht auf der Platte? Uwe Gensheimer ist nicht verletzt, aber Tollbring fängt an? Junge, Junge, wer darauf gewettet hätte, der hätte wohl gutes Geld verdient!

Ansonsten standen mit Mensah, für den Abutovic in der Abwehr kam, sowie Lagarde, Petersson, Groetzki und Kohlbacher durchaus die erwarteten Spieler auf der Platte. Zu Beginn war das Kräftemessen mit dem Meister absolut ein Spiel auf Augenhöhe. Magnus Rød tat sich auf Seiten der Flensburger besonders hervor. Den bekamen die Löwen praktisch nicht unter Kontrolle. Gut und gerne drölfzig Mal traf er oder brach durch oder beschäftigte die Abwehr der Löwen aber mal so richtig! Im Angriff sah das Spiel der Löwen schon besser aus als am Sonntag, auch wenn ihnen die ab und zu eingesetzte 5:1 der Gastgeber doch gewisse Probleme bereitete.

Die erste Niederlage schien sich anzudeuten, …

… als die SG beim 7:5 in der 12. Minute erstmals mit zwei Toren vorne lag. Doch auch danach lief der Ball auf Seiten der Löwen zumeist gut. Na ja, jedenfalls besser als am letzten Sonntag in Ludwigshafen … was jetzt aber auch nicht so schwer war. Die Löwen blieben jedenfalls dran, hielten dagegen; nicht zuletzt, weil Appelgren ab und an einen Wurf hielt. Bis dahin war er besser als Buric, der in der 15. Minute dann Bergerud Platz machte.

Nach der ersten Auszeit der Löwen in der 16. Minute kamen Gensheimer für Tollbring, Nielsen für Kohlbacher und Schmid für Mensah. Alleine das ist für mich ein sehr gutes Zeichen! Warum? Nun, Kristjan Andresson scheut sich nicht, zu wechseln. Bei Nikolaj Jacobsen – den ich außerordentlich schätze! – war das nicht so. Das gibt Hoffnung für die Zukunft, auch wenn diese Wechsel erstmal keine Besserung brachten. Flensburg stellte auf 10:7, doch immer noch ließen sich die Löwen nicht so richtig abschütteln.

Und noch mehr Wechsel

Kirkeløkke kam für Petersson, zeigte jedoch, dass er noch eine Weile brauchen wird, um wirklich die erhoffte und dringend benötigte Verstärkung im rechten Rückraum zu sein. Übrigens war bis dahin – und auch später – Patrick Groetzki ein echter Aktivposten im Angriff. Er war nicht nur als mehr oder minder passiver Einläufer unterwegs, sondern er brachte auch sehr gute Anspiele an, übernahm damit so ein bisschen auch Spielmacheraufgaben. Interessante Änderung in der Offensivphilosophie! War das eine Folge des Sonntagsspiels, um dem vorgezogenen Abwehrspieler etwas an Wirkung zu nehmen? Wie auch immer: Ich kann mich jedenfalls nicht erinnern, Groetzki schon mal so aktiv gesehen zu haben.

Alle Maßnahmen, wie auch die 5:1-Abwehr mit Nielsen auf der Spitze, brachten die Löwen dann auf 11:10 heran. Dass Kirkeløkke echt was kann sah man kurz danach bei zwei schönen Anspielen auf Groetzki, die dieser eiskalt verwandeln konnte. In dieser Phase bekam dann auch Steffen Fäth Spielzeit, der Lagarde eine Verschnaufpause verschaffte. Ich kann das nur nochmal betonen: Ich finde das sehr gut, dass Andresson hier die Breite des Kaders nutzte. Das kann aber zum Problem werden, wenn die Spieler, die ansonsten extrem viel spielten, diese reduzierte Rolle nicht annehmen. Ich hoffe, der Trainer bekommt das hin.

Dranbleiben!

So lautete die Devise für die Löwen. Das klappte zunächst sehr ordentlich. U.a. wegen eines Schlitzohrfreiwurfknallers von Andy Schmid! Leck mich fett! Was für ein Ding! Das ist bestimmt in allen Highlights zu sehen, und das müsst ihr euch anschauen, wenn ihr’s noch nicht gesehen habt. Nach dem 15:14 allerdings ging gar nichts mehr im Angriff. Keine klaren Aktionen der Löwen, keine sauberen Abschlüsse, viel Krampf im Angriff. Und – ZACK! – geht du mit einem 18:14 in die Kabine.

Die erste Niederlage droht ein Debakel zu werden

Wirklich? Es gab tatsächlich Leute, die das so sahen. Manche hatten das schon im Vorfeld befürchtet. Ich selbst hatte dazu nur gemeint, dass man abwarten solle. Zunächst jedenfalls kam Palicka für den trotz 18 Gegentoren nicht unbedingt enttäuschenden Appelgren ins Tor, und Schmid blieb natürlich auf der Platte. Ansonsten war das die Anfangsformation der ersten Halbzeit. Nachdem es eine Weile in etwa bei den -4 Toren blieb, folgte dann zwischen der 34. und 40. Minute die wohl schwächste Phase der Löwen. Die nutzten die Flensbuger zu einem 4:1-Lauf und damit zu einem 6-Tore-Vorsprung. Debakel jetzt in Sicht?

Vielleicht, aber nur kurz. Denn die Löwen schüttelten sich, zeigten Charakter und Moral. Bis auf 25:22 saugten sie sich wieder heran. Kurz danach kam dann aber für mich …

… der wirkliche Knackpunkt im Spiel.

Die Löwen erzielen das 27:24 durch Gensheimer nach 50:07 Minuten, Darauf folgte ein Angriff der Flensburger, bei dem man sich als Löwen-Fan mehrfach die Haare raufte (wenn man noch welche hat). Wurf von Golla neben das Tor, aber Freiwurf für Flensburg. Rød wirft, Parade Palicka, Einwurf Flensburg. Erneut ein Wurf von Golla, Parade Palicka, Einwurf Flensburg. Dann ein Freiwurf von Johannessen, Palicka hält schon wieder, kontrolliert dieses Mal den Ball, Ballbesitz Löwen. Die Uhr zeigt 52:01 Minuten. 114 Sekunden – in Worten: einhundertundvierzehn Sekunden – hat dieser Angriff der Flensburger insgesamt gedauert. Spielzeit, nicht insgesamt, denn ab und an war die Uhr angehalten. Auch wenn am Ende kein Tor dabei rum kam: Diese Zeit fehlt dir bei einer Aufholjagd einfach!

Doch das war noch nicht alles. Im folgenden Angriff der Löwen holt sich Golla eine Zeitstrafe ab. Und dann? Dann lässt sich Andy Schmid unnötigerweise locken, wirft nach 10 (!) Sekunden Überzahl dorthin, wohin der Ball nur kommen kann, Buric hält, Flensburg in Ballbesitz. Für mich waren das die entscheidenden Szenen im Spiel. Hier auf zwei Tore ran kommen, mit über sieben Minuten auf der Uhr, dann wird’s eng. So aber …

Die Löwen stemmen sich weiter gegen die erste Niederlage

Wieder sind die Löwen beim 27:25 und 28:26 auf zwei Tore dran. Trotz des Nackenschlags zuvor geben die Löwen einfach nicht klein bei. So muss das sein! Wieder gibt es einen Abpraller, wieder landet der bei den Gastgebern. Dann ein ganz seltsamer Pfiff gegen Kirkeløkke, den ein erfahrener Schiedsrichter neben mir als falsch bezeichnete, und statt auf ein Tor ran zu kommen sind es plötzlich wieder drei Tore. Der schlechteste Siebenmeter, den ich je von Gensheimer gesehen habe, spielt am Ende dann keine Rolle.

Mein Fazit

Die Löwen zeigten sich deutlich verbessert gegenüber dem Saisonauftakt. Da sah vieles schon wesentlich besser aus. Doch gegen den Deutschen Meister, der Selbstvertrauen bis zur Oberkante Unterlippe und darüber hinaus hat, noch dazu auswärts, reichte das nicht. Die erste Niederlage dort einzufahren, das ist keine Schande. Das Spiel macht mir persönlich sogar Mut für die Zukunft. Da ich von dieser Saison eh nicht so extrem viel erwarte, sehe ich dieses Spiel als Schritt in die richtige Richtung an.

Was die Löwen vor allem brauchen ist Eingespieltheit. Dann wird auch die fehlende Konstanz im Spiel folgen, da bin ich mir sicher. Hilfreich wäre es auch, wenn die Eingewöhnungsphase von Niklas Kirkeløkke nicht allzu lange dauern würde. Mir scheint, dass er noch nicht so ganz richtig angekommen ist, aber das wird schon. Romain Lagarde ist da weiter, auch wenn das Spiel in Flensburg jetzt nicht unbedingt überragend war von ihm. Das Torhütergespann Appelgren – ich feiere ihn für seine Regenbogen-Kapitänsbinde! – und Palicka kommt in Fahrt, was helfen wird. Und wenn Andy erstmal wieder Spielpraxis hat …

Kristjan Andresson zeigte, dass er bereit ist, flexibel zu agieren. Sowohl was das Personal angeht, als auch die Abwehrformation, als auch der Angriff – alles ist im Fluss und keineswegs statisch. Übertreiben darf er es dabei sicher auch nicht, aber wird das richtige Maß schon finden. Gegen den Bergischen HC wird es am kommenden Dienstag kein einfaches Spiel. Der BHC ist für die Löwen eh ein unbequemer Gegner, und wenn es nicht gleich gut läuft wird das noch schwieriger. Ich werde live vor Ort sein und mir anschauen, ob die Rhein-Neckar Löwen gegen die bergischen Löwen den nächsten Schritt in ihrer Entwicklung machen. Die erste Niederlage wird hoffentlich auf längere Sicht die einzige Niederlage bleiben.

Den offiziellen Spielbericht …

… gibt es natürlich wie gewohnt auf der Website der Löwen. Der ist übrigens kürzer als meiner (hätte ich das am Anfang schreiben und euch damit warnen sollen?) und hat Bilder. Die stammen zwar allesamt nicht vom gestrigen Spiel – warum eigentlich nicht? – aber immerhin gibt es Bilder! Lest also auch dort mal rein!