Das war mal echt ein Knaller. Da berichten Handballwoche und Rheinische Post über ein Schreiben der EHF an die HBL und den DHB, in dem die Teilnahme der Rhein-Neckar Löwen an der EHF Champions League in Frage gestellt wird. Die Zulassung der Löwen solle einer genauen Prüfung unterzogen werden, wobei es in erster Linie um die nicht-sportlichen Faktoren gehen wird. Sportlich sind die Löwen als Vizemeister natürlich qualifiziert. Aber jetzt doch nicht? Kindergarten!
Die Vorgeschichte
Es dürften allen bekannt sein, was in der letzten Saison passierte. Zuerst mussten die Löwen im November an einem Samstag in Leipzig antreten, weil das Spiel in der Fußball-Länderspielpause als Lückenfüller in der ARD laufen sollte. Nur einen Tag später durften die Löwen dann in Barcelona antreten, wo ein Gruppenspiel der EHF Champiosn League auf dem Programm stand.
Den völligen Irrsinn erlebten wir dann alle im März. Wieder Länderspielpause der Fußballer, wieder Handball in der Sportschau am Samstag, wieder mit Beteiligung der Löwen. Problem: Die EHF ließ sich dieses Mal auf keinen Kompromiss ein und setzte das Achtelfinal-Hinspiel der Löwen auf den Samstag, an dem die Löwen in der HBL in Kiel spielen musste. Die Konsequenz: Die 2. Mannschaft der Löwen spielte in Kielce in der Champions League, die erste Mannschaft in der HBL in Kiel. Beide verloren, die Junglöwen erwartungsgemäß sehr deutlich, und die Löwen waren raus aus der Champions League.
Es knirscht im Gebälk
Oder besser gesagt: Es knirscht zwischen den Löwen und der EHF. Ich bin mir absolut sicher, dass die EHF ziemlich angefressen war und ist, dass die Löwen ihre 2. Mannschaft nach Kielce geschickt haben. Ich war damals der Meinung, dass das richtig war, und bin auch heute noch dieser Meinung. Es war meiner Meinung nach zwingend notwendig, dass es zu einer derartigen Eskalation kam. Denn ohne diese Farce – letztlich war es das ja – wäre die EHF davon ausgegangen, dass alles prima wäre.
Nicht war prima, nichts ist prima. Zugegebenermaßen war der Protest der Löwen-Fans, der sich ausschließlich gegen die EHF richtete, nicht ganz so passend. Ich habe mich auch daran beteiligt, aber in jedem Gespräch immer darauf hingewiesen, dass für mich in erster Linie die HBL die Hauptschuld trägt. Man wusste, an welchen Terminen gerade osteuropäische Mannschaften ihre Spiele in der Champions League austragen. Dennoch ist man auf Konfrontationskurs gegangen und hat erwartet, dass die EHF klein beigibt. Das passierte nicht, und die Löwen mussten die Zeche zahlen. Kindergarten!
Kompromisse in Sicht – eigentlich
Für die kommende Saison hatte ich fast gedacht, dass ein Kompromiss möglich sei. Ich hatte fast geglaubt, dass die Beteiligten – EHF, HBL, DHB und Vereine – zu einer vernünftigen Lösung im Sinne des Handballs kommen. Frank Bohmann, Geschäftsführer der HBL, hatte bereits zugesichert, dass es keine Überschneidungen wie in der letzten Saison geben würde. Das lässt sich meiner Meinung nach auch recht einfach vermeiden. Ein Grund, Hoffnung zu schöpfen.
Und es gab noch einen weiteren Grund zur Zuversicht, dass dieser ganze Kindergarten vorbei ist. Bereits vor einigen Wochen hatte es einen Bericht gegeben, dass die deutschen Vertreter in der Champions League ihre Heimspiele grundsätzlich an einem Mittwoch austragen sollten. Eine gute Idee, v.a. wenn sich die EHF dazu durchringen könnte, beide deutsche Team am selben Tag zuhause spielen zu lassen. Dann wäre eine klare Planung möglich, da zumindest die Termine der Gruppenspiele sehr früh feststehen würde. Nicht unwichtig für Vereine wie die Löwen, die in einer Halle spielen, die gerne mal durch Konzerte belegt ist. Wenn der Donnerstag dann doch noch als Ausweichtermin erlaubt wäre …
Eher doch kein Kompromiss
OK, es mag naiv sein, aber ich hatte echt die kleine Hoffnung, dass dieses Mal ein Kompromiss in Sicht ist. Dass die EHF und die HBL sich mit dem DHB und den Vereinen einig sind, den Handball in den Mittelpunkt zu stellen. Doch, echt! Und nun dieser Brief, der angeblich dem DHB und der HBL zugeschickt wurde. Eine Überprüfung, ob die Löwen die nicht-sportlichen Kriterien erfüllen. So so. Was sich dahinter verbirgt sind solche Dinge wie Hallenverfügbarkeit, Hallenausstattung, Zuschauerzahlen, Social Media-Aktivitäten u.ä.
Alles Kriterien, die man hinter geschlossenen Türen vermutlich “passend” machen kann, um letztlich doch die Mannschaften in der Champions League zu haben, die man dort haben will. Und die nicht, die man lieber draußen haben möchte. Oder auch die Mannschaften zu verhindern, die man abstrafen will für ihr Verhalten zuvor.
Spontan fiel mir das mit dem Schäufelchen und dem Sandelförmchen ein.Kurz gesagt: Kindergarten! Die EHF macht sich derzeit nicht beliebter in Mannheim und bei den Fans der Löwen. Ist sicher nicht ihre vordringliche Aufgabe, das weiß ich auch. Aber diese Nummer? Echt jetzt?
Wiener Kindergarten
Für mich passt dieser Brief zur EHF. Statt klare, eindeutige Regeln zu veröffentlichen – Rechtzeitig! Vor Beginn der Saison 2017/18 für die Teilnahme an der Champions League in der Saison 2018/19! – gibt es “weiche” Kriterien. Und Wild Cards. Wild Cards – ich liebe sie! NICHT! Schafft die ab! Hört auf damit, Vereine um eine Wild Card betteln zu lassen! Herrschaftszeiten, ist das so schwer, klare, ausschließlich sportliche Kriterien zu formulieren? Muss es auch im Handball zunehmend nur noch um Gewinnmaximierung gehen?
Natürlich sollten die Hallen einen gewissen Mindeststandard bieten. Aber wenn die Löwen zwei Jahre lang nur in Frankfurt spielen dürfen, weil den Herren der EHF keine andere Halle als Ausweichhalle für die Löwen gut genug ist, dann läuft da was schief. Gut, dass die Löwen in der abgelaufenen Saison wieder im Harres spielen durften. Aber ob das auch in der kommenden Saison erlaubt wird?
Freiwillig verzichten?
Es kommt immer wieder der Vorschlag, die Löwen sollten freiwillig auf die Champions League verzichten. Wäre das eine gute Idee? Könnten die Löwen damit der EHF mal zeigen, was eine Harke ist? Ich bin der Meinung: Nein! Braucht die EHF Champions League die Löwen? Nicht unbedingt. Brauchen die Löwen die EHF Champions League? Schon eher, denn es gibt mehreres zu beachten.
Da wären die Sponsoren, die bei einem Verzicht auf die Champions League vermutlich nicht ganz so viel zahlen würden. Ist nur eine Vermutung, aber es würde mich nicht überraschen. Und auch was die Verpflichtung von neuen Spielern angeht wäre das kein kluger Schritt. Hochklassige Spieler wollen Champions League spielen. Machen die Löwen das nicht wird es schwieriger, solche Spieler zu verpflichten. Klar kann man sagen, dass das nicht so schlimm ist. Aber um die Meisterschaft zu gewinnen wären solche Spieler ebenfalls nicht verkehrt.
Und jetzt?
Es wird spannend sein, ob die EHF die Löwen wirklich ausschließen wird oder nicht. Nicht übersehen werden sollte, dass die Löwen für die kommende Saison einen Kader haben, der breiter aufgestellt ist. Das geschah nicht zuletzt mit Blickrichtung Champions League. Sollten die Löwen nun tatsächlich nicht mitmischen dürfen könnte ich mir vorstellen, dass die Löwen dagegen klagen. Und dann wird’s richtig spannend, aber auch sehr unschön.
Prozesse braucht keiner. nicht die Löwen, aber auch nicht die EHF. Das hilft niemandem und schadet neben den Löwen sicher auch der Champions League und der EHF. Und dem Handball insgesamt! Ob man das in Wien riskiert? Es würde mich, so traurig das auch sein mag, nicht überraschen. Eine ganz miese (Kindergarten-)Nummer wäre es in jedem Fall.