Wer kennt sie nicht, die Zahl „Drei“? Sie begegnet uns in so vielen Bereichen. Die heilige Dreifaltigkeit, drei Monate sind ein Quartal, das Kölner Dreigestirn, drei verschiedene Ampelfarben, Uwe Gensheimer hat die 3 auf dem Trikot, Drei Haselnüsse für Aschenbrödel, und nun wird noch eine „Drei“ immer beliebter: Drei Ausrichter teilen sich die Ausrichtung einer Handball-Europameisterschaft.
Heute wurde bekannt, dass sich der DHB um die Ausrichtung der Europameisterschaft der Männer im Jahr 2022 (und 2024) bewirbt. Ein „Letter of Intent“, das ist die erste Stufe der Bewerbung, wurde jedenfalls abgegeben. Die „richtige“ Bewerbung muss dann bis zum 01.11.2017 bei der EHF eingehen. Hierin müssen dann detailliertere Angaben gemacht werden, die als Grundlage für die Entscheidung des EHF-Kongresses im Juni 2018 herangezogen werden.
Interessant an der Bewerbung des DHB für die EHF Euro 2022 ist, wie oben erwähnt, dass es keine alleinige Bewerbung ist. Der DHB bewirbt sich gemeinsam mit Dänemark und der Schweiz um die Ausrichtung der Europameisterschaft. Da fragt man sich: Warum? Ist der weltweit größte nationale Handballverband nicht willens oder nicht in der Lage, ein solches Turnier alleine auszurichten? Der DHB hat nun aber in seinem Letter of Intent mitgeteilt, dass man sich im Falle eines Scheiterns der gemeinsamen Bewerbung für 2022 für die Austragung des Turniers im Jahr 2024 alleine bewerben will. Von daher ist anscheinend der Wille da, dieses Turnier auch alleine zu stemmen. Ich persönlich zweifle auch nicht an der Fähigkeit des Deutschen Handballbundes, ein solches Turnier alleine zu stemmen.
Es stellt sich im Zusammenhang mit dieser Bewerbung die grundsätzlich Frage, warum sich mehrere Verbände gemeinsam bewerben. Konkurrenten für Deutschland / Dänemark / Schweiz sind 2022 Frankreich / Spanien / Belgien sowie Tschechien / Slowakei / Ungarn. Allesamt also Dreierbewerbungen für das Endrundenturnier 2022. „Vorbild“ für diese Dreierbewerbungen ist das EM-Turnier 2020, das in Österreich, Schweden und Norwegen ausgetragen wird. Jetzt mal unter uns: Österreich, Schweden und Norwegen – wäre jemand von euch auf diese Kombination gekommen? Also, ich jedenfalls nicht. Für mich eine unmögliche Konstellation. Zwar sind Schweden und Norwegen Nachbarländer, aber Österreich ist eine ganze Ecke weg davon. Hätte man hier als dritten Partner Dänemark oder Finnland dazu geholt, OK, aber Österreich?
Tschechien, Slowakei und Ungarn halte ich dagegen für eine durchaus nachvollziehbare Kombination, wenn es schon drei Länder sein sollen. Zwar haben Ungarn und Tschechien keine gemeinsame Grenze, aber die Slowakei liegt dazwischen und alle drei Ländern sind von der Fläche her nicht allzu groß. Frankreich, Spanien, Belgien – auch hier haben nicht alle drei Länder gemeinsame Grenzen, aber man muss nicht ein ganz anderes Land durchqueren, um von Austragungsland zu Austragungsland zu kommen. Allerdings ist die räumliche Ausdehnung doch deutlich größer. Brüssel, Paris, Barcelona, um diese drei Städte exemplarisch zu nennen, liegen nicht gerade unmittelbar nebeneinander. Sicher muss man abwarten, wo letztlich gespielt werden soll, aber die Strecken dürften schon recht groß sein. Bei einer gemeinsamen Bewerbung von Deutschland, Dänemark und der Schweiz sind die Strecken, die zurück zu legen sind, auch nicht so gering. Allerdings sind sie wohl auch nicht extrem viel länger als bei einer Austragung nur in Deutschland.
Wie groß auch immer die Distanzen für die qualifizierten Mannschaften sind: sie sind auch für die Fans so groß, und sie sind teuer. Ein Blick auf die Planungen für 2020 zeigt, dass sowohl in Österreich als auch in Norwegen und Schweden jeweils zwei Vorrundengruppen spielen werden. So weit, so gut. In der Hauptrunde geht es dann mit zwei Gruppen weiter. Eine davon spielt in Schweden und eine in Österreich. So ganz geht das nicht auf, weshalb vermutlich die Mannschaften einer Vorrundengruppe entweder aus Schweden oder aus Norwegen nach Österreich müssen, wenn sie sich für die Hauptrunde qualifiziert haben. Das Finale und die Platzierungsspiele finden dann wieder in Schweden statt. Anders gesagt: Habe ich das Pech, dass mein Team in dieser „Wandergruppe“ spielt, fliege ich zur Vorrunde nach Norwegen, zur Hauptrunde nach Österreich und zum Platzierungsspiel nach Schweden. Für ein Miles&More-Programm vielleicht nicht schlecht, aber sonst?
Zu den Problemen gehört neben den langen Strecken auch so etwas wie das liebe Geld. Und damit meine ich nicht nur, dass Flüge, Hotels und Tickets sicher nicht billig werden. Nehmen wir mal die Dreierbewerbung Deutschland, Dänemark, Schweiz. Drei Länder, drei Währungen. Man überlege sich den Fan, der im Verlauf des Turniers zwei oder gar alle drei Länder besucht. Kann sein, dass das jemand anders sieht, aber ich finde das Geldtauschen nervig. Eine weitere Frage, die aufgetaucht ist: Kann in allen drei Austragungsländern ein „Euro-Feeling“, eine vielleicht sogar euphorische Euro-Stimmung aufkommen? Das könnte sich tatsächlich als schwierig erweisen, auch wenn ich es nicht ausschließen möchte. Es kommt sicher darauf an, welche Mannschaften tatsächlich in einem Land antreten. Außerdem ist es wichtig, wie sich die Ausrichterverbände engagieren, was diese vor und während des Turniers auf die Beine stellen. Gelingt es, dass alle drei Ausrichterverbände die EM-Endrunde gleichberechtigt als gemeinsame Veranstaltung aufziehen und dass es nach außen auch so wahrgenommen wird?
Noch eine Frage wird im Zusammenhang mit einer größeren EM-Endrunde immer wieder gestellt: Muss das eigentlich sein? Reichen 16 Mannschaften bei der Endrunde nicht aus? Meiner Meinung nach schon. Andererseits verstehe ich absolut auch die Befürworter einer größeren EM-Endrunde mit 24 Mannschaften. Dadurch haben Nationen eine Chance, zur EM zu kommen, die sie sonst nie hätten. Eine solche EM-Teilnahme kann einer kleinen Handballnation, die bisher sehr selten oder gar noch nie bei einer EM-Endrunde war, einen gewaltigen Schub geben. Die Entwicklung des Handballs in einem solchen Land kann davon enorm profitieren, wenn Nachwuchshandballer sehen, dass auch sie eine Chance haben können, bei einer Europameisterschaft zu spielen. Ein vergrößertes Teilnehmerfeld bedeutet aber auch einen deutlich erhöhten finanziellen und organisatorischen Aufwand. Ob zum Beispiel Kroatien die EM 2018 alleine ausrichten würde (oder könnte), wenn bereits ab dem kommenden Jahr mit 24 Mannschaften gespielt würde? Es ist davon auszugehen, dass durch ein größeres Teilnehmerfeld wohl auch größere Einnahmen zu erwarten sind, sowohl was Ticketverkäufe als auch Sponsoren- und TV-Einnahmen angeht. Ein heutzutage sicher nicht unbedeutender Faktor.
Alles nicht so einfach, und auch ich habe keine Patentlösung. Eine EM-Endrunde mit 16 Teams ist für handballerisch kleine Nationen ein (zu) großes Hindernis, sich für eine EM-Endrunde zu qualifizieren, erleichtern aber die Durchführung in nur einem Land. 24 Teams erhöhen die Chance auf eine Qualifikation, bringen aber einen enormen (zusätzlichen) finanziellen und organisatorischen Aufwand mit sich.
Ein Freund von Dreierbewerbungen werde ich aber dennoch nicht.